In den aufgeführten Abschnitten werden die Entwicklungen, die Arbeitsschwerpunkte nach Etablierung und die besonderen Funktionsbereiche, also Fortbildung und IT, zusammengefasst dargestellt. Hier kommt die erste Periode (die Zeit der Kardiologie bis 1997) zur Darstellung.
Die Keimzelle und Grundlage des späteren Herzzentrums war zweifellos die 1977 errichtete Abteilung für Kardiologie, die etwa ab 1978 als Medizinische Klinik I Kardiologie stets erfolgreich arbeitete. Damals war aber die spezielle Ausrichtung einer Kliniksabteilung ausschließlich auf Herz-Kreiskaufkrankheiten keine Selbstverständlichkeit.
Die Kardiologie war im Begriff, sich von einer Unterabteilung der Inneren Medizin zu einer eigenständigen Spezialität zu entwickeln. Das war möglich, weil seit den 60erJahren die koronare Herzkrankheit KHK in den Fokus nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der praktischen Medizin geriet. Dafür sind zwei Hauptgründe zu nennen: Der Linksherzkatheter und die Chirurgie am offenen Herzen.
Die bildgebende Diagnostik der Cineangiografie befasste sich mit den Koronararterien, die mit ihrer Arteriosklerose und den darauf beruhenden Verengungen den Blutfluss behindern. Diese so genannte Herzkatheter-Untersuchung zunächst zur Diagnostik angeborener Herzfehler – von Forssmann 1929 erfunden und in den 40er Jahren als Rechtsherzkatheter von Richards und Cournand weiterentwickelt (1956 Nobelpreis) – wurde auf das linke Herz (Linksherzkatheter) erweitert. Durch spezielle Katheter (von Judkins und Sones) wurde die Technik zur Darstellung der Herzkranzarterien Anfang der 60er Jahre verfeinert. Dies war der Hauptgrund für den Boom der Herzchirurgie, die durch die Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine (Gibbon, Kirklin) und der Bypasschirurgie am offenen Herzen (Favaloro 1967, in Deutschland durch Hegemann 1969) getrieben wurde. Nur dadurch kam es wiederum zur sehr schnellen Entwicklung der so genannten invasiven Kardiologie als technisch-diagnostische Einheit, die bald auch die Krankenhäuser ausserhalb der Universitätskliniken erreichte. 1971 führte Loogen (Düsseldorf) die Kardiologie als historisch erste neue Spezialität der Inneren Medizin ein. Weitere folgten sehr bald (z.B. Gastro-Enterologie).
Es war Professor Reinhardt, der Chefarzt der Völklinger Radiologie (seit langem in ideeller bildgebender Konkurrenz zur ebenfalls nunmehr bildgebenden Kardiologie), der den damaligen Träger des von einer Schließung bedrohten Hauses, dem Stadtverband Saarbrücken, auf die Möglichkeit einer kardiologischen Spezialisierung aufmerksam machte. Damit könnte, so Reinhardt, ein Alleinstellungsmerkmal und eine wirtschaftlich günstige Abteilung gewonnen werden. Auch das Neubauprojekt („Teilersatz-Neubau“) könnte wieder verhandelt werden. Er fand großzügige Unterstützung durch den damaligen Verwaltungsdirektor des Kreiskrankenhauses, Paul Quirin.
Der Träger und die Landesregierung stimmten zu und alle Voraussagen des Radiologen erfüllten sich: Das Haus wurde 1977 nicht geschlossen, der Neubau wurde als Fachklinik außerhalb der Grund- und Regelversorgung erneut projektiert. Der Architekt Kapuste bekam den Auftrag, aber es dauerte dann doch noch bis 1986, bis er „Neubau“ in Betrieb gehen konnte. Diese Strategie, so erfolgreich sie war, ist heute eine viel zu häufig angewandt Methode bei Problemhäusern, von denen es im Saarland ja viele kleine Modelle gibt. Heute, wenn alle diese Strategie üben, ist sie unwirtschaftlich und kostentreibend, und in der Tat treibt sie solche Häuser in den wirtschaftlichen Ruin.
Am 1. Juli 1977 wurde der Privatdozent Dr. med. Günter Hennersdorf von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) als neuer Chefarzt eingestellt. Schon vorher im Februar hatte er seine Vorstellungen zur neuen Abteilung entwickelt und dem Stadtverband vorgestellt. Dies Dokument liegt vor und zeigt, dass die finanziellen Forderungen sich in einem sehr günstigen Rahmen bewegten: es wurden (mit der berühmten „Mulde“ für nur 20.000 D-Mark) für das Katheterlabor 305.000 D-Mark, insgesamt etwa 600.000 D-Mark veranschlagt Das war ein sehr ambitionierter Vorschlag, der auch durch die enge Anbindung an die Röntgenabteilung in funktionaler Hinsicht zustande kam. Das war nicht praktikabel und auch nicht umsetzbar.
Die Innere Abteilung wurde mit der Etablierung einer Kardiologie also in zwei Bereiche aufgeteilt, die sich seitdem Kliniken nannten: Medizinische Klink I – Kardiologie mit 92 Betten (Chefarzt Hennersdorf) und Medizinische Klinik II – Gastroenterologie (Chefarzt Stuppi). Die Phase von 1977 bis 1986 war für die neue Klinik Aufbauarbeit in einem in vieler Hinsicht mühsamen Provisorium. Die Arbeit in dem Altbau von 1908, die Aufbauarbeit am und im Katheterlabor, die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen (Kliniken) war eine Herausforderung. Auch war die Personaldecke mit einem Oberarzt und drei Assistenten sowie einer Medizinalassistentin für 92 Betten äußerst dünn. Diese Entwicklung wurde aber sehr schnell kompensiert durch einen stetig steigenden Zustrom von Patienten und Verbesserung der Funktionalität. Im Neubau wurde dann die Personalsituation besser:
es standen nun immerhin 2 Oberärzte für Funktionsbereich und Herzkatheterlabor sowie 4 Assistenten zwei Medizinalassistenten für die Stationsarbeit zur Verfügung.
(s.a. Bilddokumentation) Auch die nun für etwa 1 Mio. D-Mark angeschaffte Katheteranlage von Siemens entbehrte nicht einer gewissen Skurrilität; es handelt te sich nämlich um einen so genannten Muldentisch. Darin befand sich der bedauernswerte Patient; er wurde festgeschnallt um die eigen Achse gedreht und die damals schon notwendigen angulierten Aufnahmen waren nur durch Aufrichten des Patienten möglich. Die Arbeit an dieser Anlage war sehr unbefriedigend.
Am 17- Januar 1987 begannen dennoch die Katheteruntersuchungen, die im übrigens noch vorhandenen Katheterbuch dokumentiert wurden. Die Bildtechnik war die so genannte Cineangiografie, bei der ein 35-mm-Kinofilm aufgenommen, entwickelt und auf dem „Tagano“-Abspiel- und Schneidegerät angesehen wurde. Sehr zeitraubend, denn es mussten die Filmrollen für die Herzkonferenz in Homburg vorbereitet werden.
In diesem Jahre wurden 145 solcher Untersuchungen durchgeführt, in der Hauptsache Coronarangiografien, aber auch retrograde Klappenpassagen bei Aortenstenose. Es gab keine Komplikationen in diesem Jahr.
Die Organisation der Zusammenarbeit mit der Radiologie war mindestens fragwürdig:
Zunächst stand die Abteilung in direkter räumlicher Beziehung zur Röntgenabteilung. Dies zeigte sich absurderweise z.B. in der Stromversorgung: war die Katheteranlage in Betrieb, wurde der Strom für die Röntgenabteilung unterbrochen und umgekehrt. Diese für beide Seiten unhaltbare Situation wurde aber sehr bald abgeschafft.
Erst mit Einzug in die neue Klinik 1986 wurde ein neues Katheterlabor in einer Raumaufteilung, die sowohl mit dem HKL als auch mit der Radiologie zu teilen war, installiert. Es war eine damals höchst moderne Zwei-Ebenen-Anlage der Fa. General Electric (GE). Auch sie war neu, aber wenig durchdacht und wenig „userfriendly“. Sie bestand leider etwa zwei Jahre, bis endlich eine „normale“ und modernere Einebenenanlage von GE angeschafft wurde. Dieses Labor wurde 1989 ausgetauscht und durch ein schon teil-digitalisiertes Labor ersetzt. Die Untersuchung konnte nun digital direkt nach der Untersuchung gesehen werden; die Film-Schnellentwicklung war daher nicht mehr dringend.
Jetzt konnten wir endlich unter adäquaten Bedingungen arbeiten und uns neuen Entwicklungen in der invasiven Kardiologie widmen, der Ballondilatation (PTCA). Übrigens wurde das „alte“ Labor nicht entsorgt, sondern im übernommenen Radiologieraum neu aufgestellt. Wir hatten damals ab 1989 also bereits zwei Labore! Da wir uns ein wenig medizinisch-geschichtsbewusst verhalten wollten, gaben wir dem älteren Labor den Name Forssmann, dem neueren den Namen Grüntzig.
Leider ergaben sich bei der so wichtigen innovativen Methode der Ballonaufdehnung PTCA bald ernsthafte Probleme…
Die Geschäftsführung erkannte in diesem Jahr, dass Leistungen und Patientenzahlen der Medizinischen Klinik I Kardiologie nachzulassen begannen. Das lag auch an der veränderten Krankenhaus-Situation im Saarland, denn es waren in Saarlouis und am Schwerpunkt-Krankenhaus in Saarbrücken-Winterberg neue Linksherz-Kathetermessplätze entstanden, die die Zuweiserzahlen drückten.
So kam man auf die Idee, einen zusätzlichen interventionellen Kardiologen zu suchen. Man wurde fündig in Homburg, wo Professor Schieffer als Nachfolger von Professor Bette tätig war. ER empfahl seinen Oberarzt im Katheterlabor Dr. Cem Özbek mit viel Kathetererfahrung.
- etwa 1978 Einführung der Echokardiografie (M-Mode)
- Schulungen und Fortbildung
- ab 1977 Neuordnung und Schulung auf der Intensivstation, die vorher der Anästhesie zugeordnet war und jetzt mit zunächst 4 (später 8) Betten eine kardiologische Intensivstation (CCU, ICU) werden konnte.
- Schulungen des Pflege – Personals in einer krankenhauseigenen „Schwesternschule“
- Fortbildungen für die einweisenden und niedergelassenen Ärzte
- überregionale Schulung für Katheterpersonal („Katheterseminare“)
- Intensiv-Fortbildung mit Einbindung der seit 1990 eingeführten Fachpflege für internistische Intensivmedizin
- Einführung der Rechtsherzkatheter-Technik auf der ICU mittels Swan-Ganz-Methode,
- 1978 erste Schrittmacher-Implantation (VVI) zusammen mit der chirurgischen Abteilung von Professor Schrader.
- 1983 Veröffentlichung des Textbuches für den praktischen Gebrauch „Kardiologische Intensivmedizin“
- ab 1999 neue Stenttechniken: Isotopentechnik (Brachytherapie; inzwischen obsolet), drug eluting stents DES.
Leistungen ab 1986
- kardiologische Ambulanz mit Kassenzulassung (bis etwa 1997)
- Echokardiografie (Farbdoppler und Duplex)
- Ergometrie mit und ohne Rechtsherzkatheter (Swan-Ganz-Methode)
- Schrittmacher-Implantation (zus. mit Allg.- Chirurgie): VVI, DDD
- Langzeit-EKG
- Linksherzkatheter
- Rechtsherzkatheter (Swan-Ganz-Methode)
- Stent-Therapie
- ab 1991 24-h-Bereitschaft im HKL
- Rhythmologie mit Rechtsherzkatheter
- Rotablation- und Atherektomie – Techniken
- Intraaortale Ballonpulsation IABP
- Schirmfiltereinsatz bei Lungenembolie
- arterielle Fremdkörper-Extraktion
- regelmäßige Herzkonferenz (heute: Herzteam) mit den Herzchirurgen
- ambulante Schrittmacher – Überwachung
- Intensivstation, Intermediärstation
- maschinelle Beatmung
- externe Schrittmacher
- externe Defibrillation
Fortbildungsmaßnahmen:
Lehrkrankenhaus der Universität des Saarlandes: Obwohl der Chefarzt als Mitglied des Lehrkörpers der Uniklinik Homburg/Saar tätig war, gelang es dem Träger, dem Stadtverband Saarbrücken, leider nicht, den Status eines Lehrkrankenhauses der Universität zu erlangen. Stattdessen wurden meist gut besuchte Studenten-Vorlesungen zur praktischen Kardiologie abgehalten, etwa ein EKG- oder ein Auskultationskurs. Krankenpflegeschule: Diese schon damals sehr leistungsfähige Schule wurde von der Pflegedirektorin, dem Chefarzt der Chirurgie und der Kardiologie geleitet. Diese verpflichteten ihre Ober- und Assistenzärzte, mit speziellen Themen den Unterricht zu vertiefen und zu gestalten. Auf diesem Bild einer stolzen Abschlussklasse sieht man den Chirurgen Prof. Schrader und den Kardiologen Prof. Hennersdorf. Die Krankenpflegeschule liegt heute mehr oder weniger außerhalb der Kompetenz der Chefärzte. Im Laufe Ihrer Geschichte wurde sie auch nach Püttlingen ausgelagert, von der damaligen Verwaltungsdirektorin Frau Haser wieder zurück an den Standort Völklingen geholt und wird nun zentral von der SHG verwaltet. Es wird heute ein großes Gewicht auf die Fachausbildungen gelegt. Zudem gibt es zentral bei der SHG die GmbH Bildung.Herzkatheterlabor HKL Schon früh erkannte die Klinik, dass für die speziellen Anforderungen eines Herzkatheterlabors ohne eine gezielte und sachgerechte Aus- und Weiterbildung des nichtärztlichen Personals eine qualifizierte Arbeit nicht möglich war. Daher wurden in jährlichen Abständen regionale und überregionale Weiterbildungen zur Katheterassistenz abgehalten, die sich einiger Beliebtheit erfreuten.
Ärzte-Seminare Es bestand schon früh großes Interesse, die niedergelassene Ärzteschaft durch kardiologische Fortbildungen auf den neuesten Wissensstand zu bringen. Dazu zählten die wiederholt stattfindenden Symposien, die immer gute besucht waren. Eines dieser Symposien wurde bundesweit ausgerichtet und trug den Namen "Zukunft der Angiografie". Die Nachfolge-Symposien sind die jährlich stattfindenden Konferenzen des "Herz im Focus".
Datenverarbeitung, EDV, IT seit 1989
- 1989 Einführung des PC auf den Stationen, den Sekretariaten,
- 1990-1991 Vernetzung zwischen HKL und Sekretariat,
- ab 1991 Internetimplementierung:
- Aufbau einer Kliniks-Internetsite
- Aufbau eines Kliniks-Intranets
- 1998 – 2000 Versuch MedWebSaar, ein Netzwerk zur Datenübertragung zwischen Klinik und Ambulanzsektor, Beitrag zur integrierten Versorgung.