IT-Technik und die Kardiologie
Die für den Kardiologen zweideutige technische Intention, die Medizin zu digitalisieren, ist in des Wortes zweiter Bedeutung (die erste umschreibt die weithin umstrittene Therapie mit Digitalis) weit fortgeschritten. Wir nannten es damals EDV (elektronische Datenverarbeitung; EVA-Prinzip), dann IT (Informationstechnologie; Informatik) und jetzt haben wir es nicht nur mit dieser Digitalisierung, sondern auch mit KI (künstlicher Intelligenz) zu tun und mit der Durchdringung der täglichen Praxis durch Elektronik und digitale Endgeräte (Tablets, Smartphones).
Nun war und ist der Kardiologe schon immer technikaffin, wenn nicht technikgläubig, und hatte es mit immer komplizierteren Röntgenanlagen, Echokardiografie-Geräten und Implantaten zu tun; letztere konnten bereits früh als kleine Computer durchgehen. Diese Technikaffinität ist daher zunächst IT-Affinität.
Was aber bedeutet diese Affinität für den Arzt, der ja wohl auch im Kardiologen steckt? Wird er durch diese Technik und ihre Anwendung nicht vom eigentlichen Sinn seiner Tätigkeit als Arzt abgelenkt? So kann man das sicher nicht ausdrücken – denn Technik war und ist gerade für den Kardiologen immer Hilfsmittel und Unterstützung eben in dieser ärztlichen Tätigkeit gewesen. Doch birgt dieser technische Aspekt eben auch Gefahren. Wir erkennen das etwa an der zunehmenden Verdrängung des Stethoskops aus dm ärztlichen Alltag, wo es eigentlich nur noch als Bestandteil der Blutdruckmessung oder als Statussymbol durchgeht, nicht aber als wichtiges diagnostischen Hilfsmittel, denn die Kunst der Auskultation ist (seit der Erfindung von Laennec) leider fast ganz in Vergessenheit geraten.
Das wesentliche Argument der Technikfreaks war schon immer: „Der Computer ist ja doch nicht aufzuhalten, und es geht nichts mehr ohne ihn“. Das stimmt ja nicht wirklich, denn man kann ja immer noch schreiben, lesen und telefonieren – das nennt man dann „analog“, was bedeutet, dass man nicht mehr diskrete Datenportionen (Bits) erzeugt, sondern fortlaufende Aktionen aufbaut, etwa nach Art einer infiniten (unendlich fortschreibbaren) Kurve.
Dennoch ist die Informationstechnologie mit ihrer stürmischen Entwicklung und rasanten Schnelligkeit gerade in der Kardiologie inzwischen dennoch unverzichtbar, denn sie ermöglicht ein wichtiges Prinzip: Die generelle Datenverfügbarkeit, die Handhabung der enormen Datenflut auf Station, im Katheterlabor oder bei jeder Art von Patientenkontakten. Dabei muss immer das so genannte schnelle Internet vorhanden sein.
Dabei geht es um den Begriff „Telemedizin„, der ein Synonym ist für eine Datenverfügbarkeit – durch Vernetzung – an beliebigen funktionalen Bereichen, besonders aber in nicht krankenhaus-gebundenen Orten, also der Praxis, des MVZ, der Ambulanz, und zwar sektorübergreifend.
Die maßgebenden Organisationen (BÄK) und Fachgesellschaften (DGK) huldigen diesem elektronischen Mainstream unbesehen und erlauben neuerdings die Bildkommunikation nicht nur zwischen Arzt und Arzt (DtD), sondern gewollt auch zwischen Arzt und Patient, und erlauben die so genannte Fernbehandlung als Erstkontakt, was bis vor kurzem noch verboten war. Dass als übergeordneter Datenpool die so genannte elektronische Patientenakte EPA steht, sei hier nur erwähnt, ist aber vorn enormer Wichtigkeit, unverzichtbar.
Während DtD Sinn macht, indem Angiografien, Echokardiogramme und jede Art anderer Befunde immer und überall dem berechtigten Teilnehmer in einem solchen Netzwerk zur Verfügung stehen, ist die IT-Kommunikation zwischen Arzt und Patient (DtP) nicht in gleichem Maße sinnvoll. Ein Erstkontakt über den Bildschirm ist in der Kardiologie unmöglich. Folgekontakte mit standardisierten Abfragen (auch von Implantaten) etwa können dagegen hilfreich sein.
Ob IT-Technik für die Kardiologie nützlich ist. läßt sich daher wie so oft nur mit einem „Jein“ beantworten. Wenn die Voraussetzungen jedoch gegeben sind (schnelles Internet, Vernetzung, EPA, übrigens auch Abrechnungsfragen) dann kann das bedingt bejaht werden, bedarf aber der permanenten Kontrolle durch den Datenschutz. Ansonsten kann IT nur ineffizient bleiben.